Sommerfrische am Bodensee: Friedrichshafen als Sommerresidenz der württembergischen Könige

Pünktlich zum meteorologischen Sommeranfang erschien vor wenigen Tagen das Buch Sommerfrische – Kulturgeschichten aus vergangenen Tagen. In diesem wundervollen Sammelband aus dem Leiermann-Verlag gibt es auch einen Beitrag von mir zum Thema Sommerfrische am Bodensee – Schloss Friedrichshafen und die Insel Mainau als Sommerresidenzen der Könige von Württemberg und des badischen Großherzogs Friedrich I.  Im heutigen Blogartikel könnt ihr einen Teil meines Beitrags lesen und am Ende des Artikels findet ihr auch weitere Infos zum Buch. 
Blick auf Friedrichshafen
Blick auf Friedrichshafen

Im Jahre 1811 vereinigte der württembergische König Friedrich I. (1754-1816) die ehemalige Reichstadt Buchhorn am nördlichen Ufer des Bodensees und das nicht weit davon entfernte Dorf und Kloster Hofen zur heutigen Stadt Friedrichshafen. Das Kloster Hofen war im Frieden von Pressburg an Württemberg gefallen und Friedrich I. konnte sich damit ab 1806 einen für den Handel mit der Schweiz wichtigen Zugang zum Bodensee sichern. Nachdem auch Buchhorn durch den Pariser Vertrag von 1810 an Württemberg gefallen war, plante Friedrich I. Buchhorn sowie das ehemalige Kloster Hofen durch Bebauung miteinander zu verbinden und den Handel über zwei Häfen – den Landesteg des ehemaligen Klosters und den Landesteg der Stadt Buchhorn – abzuwickeln.

Sommerfrische am Bodensee: Schloss Friedrichshafen
Schloss Friedrichshafen, Foto: Dorit Laßlop

Sommerfrische am Bodensee: Friedrichshafen wird königliche Sommerresidenz

Friedrich I. hatte der neuen Stadt seinen Namen gegeben und auch die ersten Baumaßnahmen veranlasst, aber erst unter seinem Sohn und Nachfolger Wilhelm I. (1781-1864) gewann Friedrichshafen an Bedeutung. Wilhelm I. ließ sich auch das ehemalige Kloster Hofen, nun Schloss Friedrichshafen genannt, von Hofbaumeister Giovanni Salucci (1769-1845) zur königlichen Sommerresidenz um- und ausbauen. Ab 1823 verbrachte die königliche Familie im Sommer stets einige Tage oder auch mehrere Wochen in Friedrichshafen. Die königlichen Privaträume befanden sich im westlichen Flügel, die Gesellschaftsräume und Gästezimmer im östlichen Flügel des Schlosses. Karl kaufte weitere Ländereien in der Umgebung hinzu und legte hinter dem Schloss eine Gartenanlage mit Brunnen und Pavillons an. Für seine fünf Kinder – zwei stammten aus seiner zweiten Ehe mit Katharina Pawlowna Romanowa (1788-1819), die anderen drei aus seiner dritten Ehe mit Pauline von Württemberg (1800-1873) – ließ der König den Schlosspark herrichten und Spielgeräte, darunter auch ein Karussell, für die Kinder bauen und aufstellen. 1824 gründete Wilhelm I. außerdem die Friedrichshafener Dampfbootgesellschaft, und noch im selben Jahr wurde das nach ihm benannte Dampfschiff Wilhelm gebaut, das bis 1848 regelmäßig zwischen Friedrichshafen und Rorschach verkehrte. Friedrichshafen bekam 1847 als erste Stadt am Bodensee einen Anschluss an die Eisenbahn und als 1850 die durchgehende Eisenbahnstrecke von Stuttgart nach Friedrichshafen eröffnet wurde, machte dies die Reise an den Bodensee sehr viel bequemer und schneller. Die anstrengenden Fahrten in Kutschen entfielen und auch Zwischenübernachtungen auf der Reise wurden überflüssig, denn in ca. 4,5 Stunden konnte man nun per Zug den Bodensee erreichen.

Schlosspark
Blick in den Schlossgarten, Foto: Dorit Laßlop

Sommerleben am Bodensee

Nach dem Tod von Wilhelm I. 1864 wurde sein Sohn Karl (1823-1891) König von Württemberg. Er war mit Olga Nikolajewna Romanowa (1822-1892), einer Tochter des russischen Zaren Nikolaus I., verheiratet. Das Paar fühlte sich wohl am Bodensee und verbrachte im Sommer meist zwei Monate in Friedrichshafen. In späteren Jahren verlängerte das Königspaar seine Sommeraufenthalte am Bodensee, sodass dem König mit der Eisenbahn Akten zur Erledigung der Regierungsgeschäfte von Stuttgart an den Bodensee geschickt wurden. Auch andere Adelsfamilien besaßen inzwischen Sommersitze am Bodensee. So hatte sich Karls Mutter Pauline am gegenüberliegenden Seeufer in der Nähe von Rorschach im Schweizer Kanton St. Gallen die Villa Seefeld gekauft, in der sie den Sommer verbrachte. Großherzog Friedrich I. (1826-1907) von Baden residierte im Sommer auf der Insel Mainau und Eugénie (1826-1920), die ehemalige Kaiserin von Frankreich und Witwe von Napoleon III., verbrachte nach dem Tod ihres Mannes einige Sommer auf Schloss Arenenberg im Thurgau. Es wurden Empfänge gegeben, Teegesellschaften ausgerichtet und man machte mit dem Dampfschiff Ausflüge nach Schaffhausen, Überlingen, Lindau oder Bregenz. Neben den hochrangigen Gästen, die das Königspaar besuchten, pflegten sie auch gute Kontakte zum oberschwäbischen Adel, wie dem Fürsten von Hohenzollern, dem Grafen von Königsegg-Aulendorf oder den Fürsten von Waldburg. König Karl von Württemberg verstarb 1891 in Stuttgart, seine Frau Olga im darauffolgenden Jahr während ihres Sommeraufenthaltes in Friedrichshafen.

Sommerfrische am Bodensee: Schlosskirche
Schlosskirche

Luftschiffe und Jachten: König Wilhelm II. am Bodensee

Da Karl und Olga keine eigenen Kinder hatten, folgte Wilhelm II. (1848-1921) seinem Onkel als letzter württembergischer König auf dem Thron nach. Auch er verbrachte die Sommer mit seiner zweiten Frau Charlotte zu Schaumburg-Lippe (1864-1946) gerne in Friedrichshafen. König Wilhelm II. und Königin Charlotte verbrachten ihre Zeit am Bodensee weniger prunkvoll als ihre Vorgänger; Berichten zufolge soll das Königspaar sehr umgänglich gewesen sein und im Schloss eine ungezwungene Atmosphäre geherrscht haben. Das Königspaar war liberal eingestellt, so fand beispielsweise der 1. Internationale Sozialistenkongress 1907 in Stuttgart statt und am Stuttgarter Hoftheater wurde manches Stück aufgeführt, das in anderen Städten zensiert worden war.

Wilhelm II. war ein begeisterter Jäger und ging nicht nur gerne im Schönbuch, in den Wäldern um Schloss Bebenhausen, auf die Jagd, sondern auch während seiner Sommeraufenthalte in Friedrichshafen. Eine Leidenschaft, die er ebenso wie die Liebe zu Pferden mit seiner Frau teilte. Während des Sommers spielte er gerne auf der Kegelbahn im Garten von Schloss Friedrichshafen oder unternahm gemeinsam mit der Königin Ausflüge mit dem Fahrrad. Königin Charlotte war eine aufgeschlossene Frau, die sich nicht nur für die Bildung und die Berufstätigkeit von Frauen engagierte, sondern sich auch für den technischen Fortschritt interessierte. Das Paar nahm auch gerne an regionalen Feierlichkeiten, beispielsweise dem Stadtjubiläum der oberschwäbischen Stadt Ravensburg 1902, teil. Wie schon Karl und Olga pflegte das Königspaar gute Beziehungen zu Großherzog Friedrich I. von Baden und seiner Frau Luise von Preußen (1838-1923). Auch Wilhelms Mutter Katharina von Württemberg (1821-1898) lebte in der Nähe: Sie verbrachte die Jahre vor ihrem Tod in der Villa Seefeld bei Rorschach. Ihre Villa vermachte sie ihrer Enkeltochter Prinzessin Pauline (1877-1965), dem einzigen Kind Wilhelms aus seiner ersten Ehe mit Marie zu Waldeck und Pyrmont (1857-1882). Diese verbrachte dort nach ihrer Heirat regelmäßig einige Wochen im Sommer und kam dann häufig mit ihrem Mann und ihren Kindern über den See nach Friedrichshafen, um ihre Eltern zu besuchen.

Sommerfrische am Bodensee: Schlosshafen in Friedrichshafen
Schlosshafen, Foto: Dorit Laßlop

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Friedrichshafen durch Industrielle wie beispielsweise Ferdinand Graf von Zeppelin (1838-1917) immer mehr zur Industriestadt. Wilhelm II. förderte die Industrialisierung und verkaufte auch eigene Grundstücke zu Gewerbezwecken. Mit Graf Zeppelin verstand sich der König gut – die beiden kannten sich schon seit Wilhelms Militärzeit in Potsdam – und er war begeistert von dessen Luftschiffen. Bei einem Besuch des deutschen Kronprinzen Wilhelm (1882-1951) ließ der König eine Schifffahrt mit dem Dampfer Württemberg organisieren, damit die Gäste vom See aus die Fahrt eines Luftschiffes beobachten konnten. Nach der Landung kam Graf Zeppelin mit einigen Mitarbeitern an Bord der Württemberg und war auch zum anschließenden Festmahl eingeladen. König Wilhelm II. und Königin Charlotte waren dann auch im Sommer 1908 die ersten Monarchen, die eine Fahrt mit dem Luftschiff LZ 4 machten. Wilhelm II. interessierte sich aber nicht nur für Luftschiffe, sondern er besaß auch einige Jachten, die im Schlosshafen in Friedrichshafen lagen. So ließ er sich 1901 die Motorjacht Kondwiramur bauen. Später kamen noch die beiden Segeljachten Skidbladnir und Kormoran hinzu. Der König regte 1911 auch die Gründung des Königlich Württembergischen Yachtclubs in Friedrichshafen an, der vom ihm gefördert wurde.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und seiner Abdankung verbrachte Wilhelm II., nun Herzog zu Württemberg, seine letzten Lebensjahre auf Schloss Bebenhausen und in Friedrichshafen. Charlotte lebte bis zu ihrem Tode 1946 auf Schloss Bebenhausen. Bis heute befindet sich Schloss Friedrichshafen im Besitz des Hauses Württemberg. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss schwer beschädigt und nach dem Krieg denkmalgerecht wieder aufgebaut. Heute beherbergt es die Hofkammer des Hauses Württemberg und wird von Mitgliedern der Familie bewohnt.

Schlosskirche Friedrichshafen
Schlosskirche, Foto: Dorit Laßlop

Sommerfrische am Bodensee: Friedrichshafen als Residenzstadt

Als königliche Residenzstadt genoss Friedrichshafen Ansehen; bisweilen versprühte die Stadt im Sommer sogar internationales Flair: Königin Olga lud gerne ihre russische Familie an den Bodensee ein und bei den Feierlichkeiten zur Silbernen Hochzeit, die Karl und Olga 1871 nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Friedrichshafen feierten, war auch Olgas Bruder, Zar Alexander II. (1818-1881), zugegen. Besucherinnen und Besucher, die in die Stadt kamen, hofften, einen Blick auf das Königspaar zu erhaschen, und im Schlosspark soll an manchen Tagen ein solcher Andrang geherrscht haben, dass man sich gezwungen sah, für den Besuch genaue Vorschriften und Öffnungszeiten zu erlassen. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließen sich reiche Unternehmer und württembergische Hofbeamte in der Umgebung des Schlosses prachtvolle Villen erbauen. Beispielsweise die Villa Bühler, die sich der Königlich Württembergische Geheime Hofrat Gustav von Bühler (1817-1892) erbauen ließ, oder die Villa Mittnacht, die dem württembergischen Ministerpräsidenten Hermann Freiherr von Mittnacht (1825-1909) gehörte. Viele dieser Villen wurden durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg, die große Teile Friedrichshafens verwüsteten, zerstört.

Zum Weiterlesen

Tobias Engelsing (Hg.): Idyllen zwischen Berg und See. Die Entdeckung von Bodensee und Voralpenraum, Konstanz 2021.
Eberhard Fritz: Königliche Sommerresidenz Schloss Friedrichshafen, in: Oellers, Jürgen (Hg.): Friedrichshafener Jahrbuch für Geschichte und Kultur 2010/11, Aichhalden 2012.
Elmar L. Kuhn: Ein Luftschiff über dem König vor dem Alpenpanorama. Friedrichshafen als Kurort und Fremdenstadt vor dem Ersten Weltkrieg, in: Internationaler Arbeitskreis Bodensee-Ausstellungen (Hg.): Sommerfrische. Die touristische Entdeckung der Bodenseelandschaft, Rorschach 1991.
Jürgen Oellers: Stadtgründung: Aus Buchhorn wird Friedrichshafen, in: Oellers, Jürgen (Hg.): Friedrichshafener Jahrbuch für Geschichte und Kultur 2010/11, Aichhalden 2012.
Jens Poggenpohl, Markus Müller, Stefan Köhler: Die bewegliche Stadt. Auf der Suche nach Friedrichshafens Gesicht, Friedrichshafen 2012.
Hartmut Semmler, Jürgen Oellers (Hg.): Stadtgeschichtliche Rundgänge Friedrichshafen, Tübingen 2007.
Sabine Thomsen: Die württembergischen Königinnen. Charlotte Mathilde, Katharina, Pauline, Olga, Charlotte – ihr Leben und Werk, Tübingen 20144.

Über das Buch

Raus aus der Stadt – Sommerurlaub war früher nur dem Adel und dem Großbürgertum möglich. Doch nach und nach konnten auch andere ein paar Wochen im Grünen genießen.

Neben meinem Beitrag zur Sommerfrische am Bodensee könnt ihr im Buch bspw. spannende Geschichten über Hermann Hesse am Bodensee, Prinz Friedrich von Baden im Schwarzwald und über Urlaubsreisen in der viktorianischen Zeit lesen. Oder ihr begleitet Thomas Mann auf die Kurische Nehrung, fahrt mit Ludwig van Beethoven zur Kur und genießt mit Theodor Fontane den Sommer. 

Das Taschenbuch kostet 10,95 € und das gebundene Buch 16,95 €. Auch als E-Book erhältlich!

Bestellen könnt ihr das Buch direkt beim Leiermann-Verlag, im Buchhandel und bei Amazon.

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